Ein Traum in Alternative Rock Ästhetik
By Molly Daniel

Break Beats und E-Gitarre geben den Auftakt für PAINLESS, dem zweiten Album der Londoner Künstlerin Nilüfer Yanya. Beat und Melodie wirken zuerst unbefangen, aber zugleich auch fordernd. Auf the dealer erscheint ihre Stimme noch recht zurückhaltend, doch in Hinblick auf die nächsten 11 Songs täuscht dieser Eindruck, denn unbefangen bleibt es nicht. Was uns erwartet ist eine stilistische und soundtechnische Vielfalt, eingebettet in eine emotional-verletzliche Stimmung. Als beständiger Begleiter bleibt dabei die Gitarre, gespielt von Nilüfer selbst.
Ihr Debütalbum Miss Universe erschien 2019. Dazwischen lieferte sie mehrere EPs. Stilistisch immer nicht ganz eindeutig, wurde sie oft vorschnell in die RnB und Soul Ecke gesteckt, zu Unrecht, denn ihre Musik ist vor allem rockig. Das scheint sie auch nun beweisen zu wollen.
80s Beats und Jazz-Vibes
Auf the dealer folgen träge 80s Beats, die den zweiten Track L/R einleiten, während sie in shameless zu jazzy Klängen mit gelayerten Stimmen ins Mikro haucht.
Stayed up all morning Thought I could feel something But my mind keeps jumping
stabilise
Dann stabilise. Die vorher aufgebaute Trägheit wird rigoros von der Lead Single unterbrochen. Hier drängt der Rhythmus zu Rastlosigkeit auf der Suche nach Halt.
Es zeigt sich das Spektrum des Gesangs einer Stimme, die meist in scheinbarer Zurückhaltung singt. Ein Song, in dem Emotionen durch Konfrontation verarbeitet werden.
In chase me ist der Beat blechern und die Gitarre grungy, bis es in midnight sun verträumt-melancholisch wird. In dem Shoegaze-Song baut sich minutenlang eine Spannung auf, die nach mehrfachem anteasern gegen Ende endlich mit dominanten, verzerrten Gitarrenlinien eskaliert. Das fühlt sich an, als wäre man aus einer stressigen Traumsituation aufgeschreckt, nach der man ein paar Minuten braucht, um wieder in der Realität anzukommen.
Sorgen, Probleme und Neubeginne
Richtung Pop geht es in trouble. Der Song markiert einen musikalischen Cut. Hier wird es düster, die Gitarre spielt ein Arpeggio und der Beat geht sanft-monoton, was insgesamt ein bisschen an die Musik von The xx erinnern lässt.
Chained you to my heart Strangers of outside Strangers after lives Strangers
trouble
Mit try löst sich der schwermütige Knoten langsam und es wird entspannter. Rutschende, statt schrammelnde Gitarrenriffe in company und ein leises Saxophon in belong with you, was die jazzige Stimmung von vorher kurz wieder zurückholt. Eine Musikrichtung von der Nilüfer durch ihr Aufwachsen in London übrigens stark beeinflusst wurde und welche deswegen etwas weniger überraschend in ihrer Musik seinen Platz gefunden hat.
Nachdem es in the mystic darum geht, sich zurückgelassen zu fühlen, findet die Platte ihr Ende im vielversprechenden Titel anotherlife. Ein Track, der zwar das Ende einer Beziehung behandelt, aber auch die hoffnungsvolle Stimmung für die bevorstehenden Veränderungen und den anstehenden Neubeginn mit sich trägt.
Interpretationsraum im Traum
Nilüfers Musik ist vielschichtig und ihre Texte lyrisch stark, aber schwer zu greifen. Wen spricht sie an: sich, uns, eine geliebte Person oder vielleicht sogar ganz allgemein die Gesellschaft?
I need some time to work out, who this is? I need to know who I’m dealing with I miss the kind of patience that breaks your heart
the dealer
Klare Antworten gibt es nicht, musikalisch und auch nicht in Worten. Dafür aber eine ganz eigene individuelle Atmosphäre, die sie mit PAINLESS kreiert hat und in die zu versinken sie uns einlädt. Die größte Konstante bei all dem bleibt ihre Gitarre, die Nilüfer Yanya beeindruckend vielfältig einzusetzen weiß.
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