Von Liebe, Wut und ganz viel Trauer
Die Rezension noch mal zum Nachhören:
Würde man im Wörterbuch nach dem Begriff ‚Ire‘ suchen, dann würde man wohl das Albumcover von „Between The Shores“ finden. Mit verschränkten Armen und einem Postjungenhut auf dem Kopf, der Gitarre um die Schulter geschlungen lehnt Glen Hansard an der Wand. Und sieht so aus als würde er mit der Weisheit von zig irischen Fischermannsgenerationen in die Ferne blicken.
So typisch das Bild für Hansard ist, so typisch ist das Album für Hansards Songwriting.
„Between Two Shores“ unterscheidet sich musikalisch und thematisch kaum von seinen vorherigen Werken – wirkt aber unausgereifter und in seiner Produktion gehetzter als sein Vorgänger „Didn’t He Ramble“.
Die Lieder auf „Between Two Shores“ durchzieht die typische Basis von Gitarren, Bass und Schlagzeug, meist von Bläsern und stellenweise von Streichern und Hammondorgel begleitet. Sie erzählen episodisch vom Kampf um eine Beziehung und schließlich von ihrem Ende. Die ersten Lieder leben von der Wut und Verzweiflung Hansards. „Why Woman“ etwa gipfelt in einer vorhersehbaren, fast schon kitschigen Melodie.
Von uninspirierten Rhythmen und jammernden Melodien
Während die ersten Songs energisch nach vorne treiben, sackt die Stimmung in der zweiten Hälfte des Albums in sich zusammen. Wenn Hansard das Ende einer Beziehung beweint, verkommen die Lieder, wie etwa „One of Us Will Lose“ oder „Setting Forth“ zu einem schwammigen Blues-Brei aus uninspirierten Rhythmen und fast schon jammernden Melodien. Mehrmals bekommt man das Bedürfnis nach der Hälfte des Songs weiterzuschalten.
Im stärksten Song der Platte, „Movin‘ On“, akzeptiert Hansard schon fast trotzig das Scheitern einer Beziehung. Doch auch hier wartet man fünf Minuten vergeblich, dass der Song sich aus der plätschernden Zähigkeit nach vorne bewegt.
Aus Alt mach Neu - oder so
Wenn man die Platte großzügig interpretiert, kann man „Between Two Shores“ als Chronologie der fünf Stufen der Trauer betrachten. Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Realistisch aber scheint das ganze Album wie ein Zufallsprodukt. Die Lieder wirken stimmungsmäßig und thematisch unorganisiert. Ihre recycleten Melodien von 2013 erklären die musikalische Stagnation, die Hansard mit der Platte präsentiert. Nach dem Grammy-Nominierten „Didn’t He Ramble“ ist „Between Two Shores“ nichts mehr als ein enttäuschender Lückenfüller. Wiederholt fragt man sich, ob man das ein oder andere Lied nicht schon mal gehört hat, nur ausgereifter und besser. Kein Wunder, denn die Melodien dieses Albums wurden zeitgleich zu seinem Vorgänger geschrieben.
Fazit
Wäre „Between Two Shores“ das Debütalbum eines frischgebackenen Singer-Songwriters, so wäre es eine ordentliche Leistung. Sieht man es jedoch im Kontext zu Hansard’s bisherigem Werk, liegt es weit unter der Messlatte, die er sich selbst gelegt hat. Und so bleibt nur noch in Hansard’s eigenen Worten zu sagen:
"If your heart's not in it, you heart's not in it, babe"
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