Gitarrenklänge und sibirische Nächte
Domino Records

Es gibt die Art von Musik, die man macht, wenn man nur zu zweit ist, so White Stripes oder Black Keys-mäßig. Die hiesige Musikpresse benutzt für diese Art von Musik Begriffe wie Lo-Fi oder Garagenrock. Aber auch die Band „The Kills“ passt eigentlich ganz gut in diese Schublade. Sie sind schließlich auch bloß zu zweit und irgendwie minimalistisch, garagig klingen sie auch. Alles Etiketten, von denen sich die Band um Sängerin Alison „VV“ Mosshart und Jamie „Hotel“ Hince aber jetzt mit ihrer neuen Platte „Ash and Ice“ lösen wollten.
Weg vom Garagenrock-Geballer?
„Ash and Ice“ kommt als recht geradliniges Rock Album daher. Die Grundzutaten eines „The Kills“ Song bestehen aus schrammeligen Gitarrenriffs, der rauen Stimme von Sängerin VV und die treibenden Rhythmen aus dem Drumcomputer. Als Paradebeispiel dafür dient die Single „Doing it to Death“. Der Song hat mit seinen harten Gitarrenparts und "In-Die-Fresse-Bass-Drum"-Rhythmus etwas regelrecht Hymnenhaftes. Auf dem Album experimentieren sie aber auch mit den ein oder anderen elektronischen Sounds, hier und klingt es auch ein wenig bluesig. Die Stärken des Albums liegen allerdings genau dort, wo diese klassische Formel ein wenig aufgebrochen wird. Der Song "Echo Home" etwa kommt mit einer richtig angenehmen Gitarrenmelodie um die Ecke, die man jetzt vielleicht nicht unbedingt mit rifflastigem Garagenrock-Geballer assoziiert.
Einmal Sibirien und zurück
Eine große Inspirationsquelle für das Album waren die weiten Russlands. Gitarrist Jamie „Hotel“ Hince hatte sich einmal seine Hand ganz böse in einer Autotür eingeklemmt und musste deshalb eine ganze Reihe an Operationen über sich ergehen lassen. Da so eine kaputte Hand einen als Gitarristen etwas in seinem Handwerk einschränkt, entschloss sich Hotel dazu, während des Genesungsprozesses eine Russlandreise anzutreten. In Songtiteln wie „Siberian Nights“ spiegeln sich die Erfahrung einer Zugreise mit der Transsibirischen Eisenbahn wieder. Auch der Song „Heart of a Dog“ mutet wie eine Anspielung auf den Roman „Hundeherz“ des russischen Autoren Michail Bulgakow aus den zwanziger Jahren an.
Fazit
„Ash and Ice“ ist ein Album, was sich prima weghören lässt. Es hat wenig Ecken und Kanten, dafür aber jede Menge geile Riffs zum abrocken und abtanzen. Allerdings sind es eher die Songs, die sich Trauen, die altbewährte „The Kills“-Formel aufzubrechen, die herausstechen. Wer eher Lust auf vertrackte Rockopern hat, den wird das Album wahrscheinlich auf Dauer anöden. Aber wer diesen Sommer Bock auf geradlinige Rockmusik hat, ist bei „Ash and Ice“ auf jeden Fall an der richtigen Adresse.
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