"Der Widerspenstigen Zähmung"
Foto: Jana Nowak

Shakespeares Fassung beginnt mit einem betrunkenen, auf der Straße einschlafenden Kesselflicker, der von einem Lord gefunden und mit zu seinem Schloss genommen wird. Dort wird ihm unter anderem weiß gemacht, er hätte jahrelang unter einer Geisteskrankheit gelitten und dass er ein Lord sei. Nach einiger Zeit ist er überzeugt und glaubt dem Trugspiel. Bis eines Tages eine Schauspielgruppe auf das Schloss kommt und ihm folgende Komödie vorspielt:
Die jüngste Tochter eines reichen Kaufmanns aus Norditalien ist verliebt und hat ihren Ehegatten so gut wie sicher. Doch zu ihrem Glück fehlt die Heirat der älteren Schwester Katharina. Diese ist aber sehr störrisch und vorwitzig, was es schwierig macht einen Ehemann für sie zu finden. Doch dann taucht Petruchio auf, dem es als eine lustvolle Herausforderung erscheint sie zu zähmen und zu heiraten. Damit beginnt die Willensbrechung Katharinas, denn kein Mittel ist Petruchio zu schade: Demütigungen von Schlaf- und Nahrungsentzug bis hin zu körperlicher Gewalt.
Spiegelnde Verhältnisse
Moritz Sostmann hat das aus heutiger Sicht ziemlich frauenfeindliche Stück umgekrempelt und die geschlechtlichen Verhältnisse gespiegelt. Frauen nehmen die Rolle der Machthaberinnen ein und die Männer werden gezähmt.
So wird nicht die ältere Tochter des reichen Kaufmanns verheiratet und gezähmt, sondern der aufmüpfige Sohn der wohlhabenden Geschäftsfrau. Und nicht nur die Geschlechterrollen wurden getauscht: Sprache, Kostüme und Prolog haben einen Wandel erfahren. So beginnt das Stück nicht mit dem betrunkenen Kesselflicker, sondern mit einem gestandenen „modernen“ Mann im Anzug, der Frauen als Eigentum ansieht und der Ansicht ist, Frauen sollten dem Mann gefügig sein. Der anstrengende Monolog wird plötzlich von einer Frau aus dem Publikum, die dem Anzugtragenden eine Flasche über den Kopf zieht, unterbrochen. Mit seiner Bewusstlosigkeit beginnt das Stück.

Foto: Rolf Arnold
Berlinerisch und Glitterkleider
Shakespeares komponierte schwebende Sprache hat in Sostmanns Fassung einen Berliner Akzent erhalten. Das ist nicht nur witzig anzuhören, sondern untermalt durch der Berliner Derb-und Direktheit, die Dramaturgie des Stücks. Typische Sprüche und Ausrufe sind auch aus unserem Alltag entnommen. Auf diese Art wird das Publikum direkt angesprochen und fühlt sich ein bisschen in die Situation hineinversetzt.
Die Kostüme haben sich nicht der aktuellen Straßengarderobe angepasst, sondern eher dem, was als sexy und typisch fraulich gilt. So trägt Katharina, die den ältesten Sohn heiratet, und zähmt ein langes enges schwarzgoldenes Glitterkleid mit langem Beinschlitz und freiem Rücken. Die jüngere Schwester kleidet unter anderem ein schrilles pinkes Kleid oder auch ein hautenges Sekretärinnen-Lehrerinnenkostüm. Hingegen die beiden Brüder einfache Hosen und weiße T-Shirts tragen.
Puppenalarm
Einige Schauspielerinnen und Schauspieler waren passiv auf der Bühne: Sie bewegten halbmenschengroße Puppen und gaben ihnen ihre Stimme. Die Puppen als Nebencharaktere oder Nebenrollen gedacht, kamen im Stück zwischendurch immer wieder vor und verliehen den Fokus auf die Menschen, also den Zähmerinnen und zu Zähmenden.
Fazit
In dem Stück werden typische Klischees gleichzeitig bedient und revidiert. Gegensätze prallen aufeinander und somit ist Shakespeares "Der Widerspenstigen Zähmung" nicht nur ein Stück, dass dem Publikum und somit der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Es ist durchaus auch ein Stück mit viel Witz und Humor, das an die heutige Zeit angepasst ist und deswegen auch ein junges Publikum anspricht.
Die Rezension zum Nachhören findet ihr hier:
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