Das gute Leben für alle!
Foto: Lauren McKown

Die Mitglieder des "Konzeptwerks Neue Ökonomie" sind sich einig: Viele weltweite Probleme wie Umweltverschmutzung, Finanzkrisen und soziale Ungleichheit werden durch unser aktuelles Wirtschaftssystem verursacht. Die kapitalistische Marktwirtschaft soll Wohlstand bringen, hat aber auch viele Schattenseiten.
Ronja ist eine der knapp 30 Mitarbeitenden des Konzeptwerks. Sie sagt:
Wir leben in einer Wirtschaft, die immer weiter wachsen soll - dieser Wachstumszwang führt zu globaler Ungleichheit und zu einer Lebensweise, die auf der Ausbeutung von Mensch und Natur beruht.
Ronja, Mitarbeiterin des Konzeptwerks
Ein großes Ziel
Das Leitmotiv, das sie dem Wachstumszwang entgegenstellen, ist das "gute Leben für alle". Das heißt, das nicht nur Menschen im globalen Norden von der Weltwirtschaft profitieren sollen, sondern alle Menschen gleichermaßen. Außerdem wird die Frage gestellt, was man für ein gutes Leben überhaupt braucht - möglichst viel Konsum oder eher mehr Freizeit mit Familie und Freunden?
Um ihre alternativen Ideen zu verbreiten und sich mit anderen darüber auszutauschen, sind die Mitglieder des Konzeptwerks viel unterwegs: sie vernetzen soziale Bewegungen, halten Vorträge und organisieren Bildungscamps.
Wir haben da den Begriff der transformativen Bildung: Sie soll ein Werkzeug sein, um die Gesellschaft umzubauen.
Ronja, Mitarbeiterin des Konzeptwerks
Ihre Themen sind vielseitig, sie reichen von klimaneutralem Wirtschaften über Migration bis zu Geschlechtergerechtigkeit. Das aktuelle Wirtschaftssystem beruhe maßgeblich auf unbezahlter Sorgearbeit, die meist von Frauen* geleistet werde. Obwohl ohne sie ein Wirtschaften gar nicht möglich wäre, bleibe sie meist unsichtbar und erfahre kaum Wertschätzung, so Ronja.
Ein richtiges System im falschen
Dass es das Konzeptwerk überhaupt gibt, erscheint paradox, wollen seine Mitglieder doch das Wirtschaftssystem abschaffen, in dem sie sich aktuell behaupten müssen. Ihr Verein steht dabei finanziell auf drei Standbeinen: Projektanträge bei Stiftungen und Ministerien, Honorare für Workshops und Spenden. Allerdings nimmt das Konzeptwerk kein Geld von Unternehmen an, die die Mitglieder aus ethischen Gründen ablehnen.
Die internen Finanzen werden in einem Plenum mit allen besprochen. Die Bezahlung der Mitarbeitenden richtet sich dabei nach einem besonderen Maßstab:
Wir versuchen, uns nach Bedürfnissen zu bezahlen und nicht danach, wer vielleicht die höchste Kompetenz hat oder am meisten arbeitet oder am längsten dabei ist, sondern wollen da füreinander da sein und schauen: "Was braucht denn jede*r?"
Ronja, Mitarbeiterin des Konzeptwerks
Auch in der sonstigen Arbeitsweise ist das Konzeptwerk alles andere als ein gewöhnlicher Arbeitgeber: Die Arbeitszeiten liegen zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche, damit alle noch genügend Zeit für Familie und Freunde haben. Und die Arbeitsmittel sind, wenn möglich, aus zweiter Hand.
Im Konzeptwerk gibt es keine Chefetage. Ihre Entscheidungen treffen alle Mitarbeitenden kollektiv – und im Konsens. Was erst einmal utopisch klingt, beschreibt Ronja als erstaunlich einfach. Durch die Beachtung einiger Regeln und den alltäglichen Umgang mit Konsensentscheidungen entwickle man eine höhere Entscheidungs- und Kommunikationskompetenz und finde sehr schnell gemeinsame Lösungen.
Immer in Bewegung
Doch auch Ronja hat bei ihrer Arbeit am Konzeptwerk frustrierende Erfahrungen gemacht. Meist haben die ihren Ursprung in Widerständen der Wirtschaft und in ungerechten Machtstrukturen. Doch auch, wenn Ohnmachtsgefühle zur Arbeit dazu gehören, überwiegen die Momente der Hoffnung. Wenn Ronja erlebt, wie Mensche sich zusammenschließen und gemeinsam etwas erreichen, fühlt sie sich ihrem Ziel ein Stück näher.
Die Alternative wäre ja, nichts zu tun – und das kommt für uns nicht infrage.
Ronja, Mitarbeiterin des Konzeptwerks
Anstatt untätig zu bleiben, wollen die Mitarbeitenden des Konzeptwerks Menschen dazu bewegen, ihren Lebensstil und ihre Prioritäten zu hinterfragen. Denn die Veränderung des Denkens sei Voraussetzung dafür, dass sich auch in der materiellen Welt etwas verbessern kann. Und Veränderung anstoßen, das geht am besten gemeinsam. Denn sie ist der Überzeugung:
Es gibt nichts effektiveres, als Teil einer sozialen Bewegung zu sein!
Ronja, Mitarbeiterin des Konzeptwerks
Sowohl die Auswirkungen dieser kollektiven Arbeit auf einen selbst als auch der Druck, den man auf Entscheidungstragenden ausüben könne, seien enorm. Die aktuelle Fridays for Future Bewegung sei das beste Beispiel dafür.
Ronja und ihre Mitstreitenden glauben daran, dass eine grundlegende Verbesserung des globalen Wirtschaftssystems möglich ist. Ideen gibt es zur Genüge auf der ganzen Welt. Und ein Teil davon kommt eben aus einem kleinen Verein im Leipziger Westen.
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