Per Anhalter durch den Sommer
Foto: Tamsin Isaacs

Schon vor dem Release der neuen Platte, auf ihrer EP Texas Sun, haben sich Khruangbin von ihrem weitestgehend instrumentalen Sound wegbewegt und zusammen mit dem Soulsänger Leon Bridges erste Tracks veröffentlicht, die Gesang in den Mittelpunkt stellen. Auch auf “Mordechai” gibt es wieder einige Tracks, auf denen gesungen wird – zum Glück: Die Stimme von Bassistin Laura Lee, die sich auf den bisherigen Releases auf adlibartige Einlagen beschränkten, tritt auf Tracks wie “Pelota” in den Vordergrund und verleiht dem Sound, der sonst vor allem von Mark Speers in Hall getränkten Gitarrenlicks getragen wird, Vertrautheit und menschliche Wärme.
Schüchternheit, Coolness und Träumerei
Dabei schimmert zwar immer etwas Schüchternheit in Lees Stimme durch – aber sie liefert abwechslungsreiche Performances: Auf der Vorabsingle „Pelota“ kommt sie cool und mit spielerischer Gelassenheit daher. „Time (You and I)“ ist der funkigste Moment der Platte, und auch Lee zeigt hier eine freche und verspielte Seite. Auf den Tracks „So We Won't Forget“, „If There Is No Question“ und „Dearest Alfred“ verdichten sich sowohl das Instrumental als auch Lees Vocals zu einer verträumten, flüchtigen Atmosphäre. Der im Reverb versinkende, vor sich hin wabernde Fluss aus Gitarrenlicks, der den Sound des Trios aus Houston eigentlich ausmacht, erfährt auf „Mordechai“ eine ganz schöne Politur: Zu den haltlosen, sich selbst überlassenen Tracks wie „Dearest Alfred“ oder „Connaissais de Face“ mischen sich klar strukturierte, catchy Songs wie „Pelota“ und „Time (You and I)“.
Das Khruangbin-Geheimrezept: 11 Secret Sounds and Spices!
Auch beim Sound der Platte versuchen sich Khruangbin an verschiedensten Herangehensweisen: Das eklektische Gemisch aus allerlei Einflüssen, von Thaifunk über Rumba bis zu Surfrock, hauptsächlich ausgedrückt in Speers Gitarrenspiel und verfeinert mit abwechslungsreichen, unheimlich zur musikalischen Tiefe beitragenden Percussions, wird zusammengehalten von den lässigen Beats von Drummer Donald „DJ“ Johnson und Lees leichtfüßigen Basslines. Die Lyrics folgen dem bunten Faden, den die Musik spinnt: Mal auf English, mal auf Spanisch, Französisch oder auch Skit-artig als eingesprochener Dialog, bleiben die Lyrics oft so lose und unbestimmt wie die Musik
„Ahorita yo puedo ser una pelota“ - Jetzt kann ich ein Ball sein
Laura Lee - Pelota
Melancholischer Sommersoundtrack
„Mordechai“ hat auf jeden Fall einige Songs für den Soundtrack passend zur sich senkenden Sommersonne und der sich öffnenden Bier- (oder Limo-)Flasche abends am See im Gepäck. Mit Tracks wie „Pelota“, „Time (You and I) und „So We Won't Forget“ werden auch all die Spaß haben, deren Leben für minutenlange Gitarreneskapaden zu kurz ist. Auf diejenigen, die bereit sind, sich in eine minimalistische, und doch unglaublich tiefe Platte fallen zu lassen, wartet mit „Mordechai“ das wahrscheinlich atmosphärischste Gitarrenalbum des Sommers.
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